Die Festkettenträger der Peterei

Es ist das Jahr 1914. Henry Ford führt in seiner Fabrik Fließbänder ein, der Panamakanal wird eröffnet und der 1. Weltkrieg bricht aus. In der 1907 gegründeten Peterei wird Jean Wallendorf zum Präsidenten gewählt und auch im gleichen Jahr zum Festkettenträger bestimmt. Wie so viele seiner Generation wird auch Jean zur Wehrmacht einberufen. Er ist dann am 7. Juli 1916 gefallen.

1932 – In Deutschland gibt es ca. 6 Mio. Arbeitslose. Der FC Bayern München wird Deutscher Fußballmeister und in den Niederlanden wird die Zuidersee durch Fertigstellung des Abschlussdeichs zum Binnengewässer (Ijsselmeer). Die Peterei feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Auch übernahm die Gilde aus diesem Anlass die Ausrichtung des Bundesfestes. Als Festkettenträger wählte man Peter van de Kamp.

1957 Die „Peterei“ wird 50 Jahre alt. Was tut sich sonst noch wichtiges in Deutschland? Das Saarland wird politisch zum 10. Bundesland der BRD und die Bauindustrie führt die 45-Stunden Woche ein. Als Festkettenträger stellt sich in dem Jubeljahr Matthias Simmes zur Verfügung. Zu seinem Adjutanten ernannte er Johann van Bühren. Da Matthias in seinem Festjahr verstirbt, wird in Kevelaer folgender Beschluss gefasst: Stirbt ein Festkettenträger in seinem Festjahr, so spielt der Musikverein zu seiner Beerdigung.

1974 Die Fußball Weltmeisterschaft findet in Deutschland statt und die Nationalelf holt im eigenen Land den Titel. Der Volkswagenkonzern bringt den ersten VW Golf als Nachfolger des legendären Käfers auf den Markt. In diesem Jahr wird der bereits 1958 zum Präsidenten der Peterei gewählte Hans Wehren zum Festkettenträger bestimmt. Als Adjutant steht ihm Matthias Stammen zur Seite.

1982 Die Weltbekannte Band ABBA trennt sich, Nicole gewinnt in Harrogate mit dem Lied: „Ein bisschen Frieden“ für Deutschland den Eurovision Song Contest. In Deutschland löst Helmut Kohl nach einem Misstrauensvotum Helmut Schmitt als Bundeskanzler ab. In der Peterei wird der uns allen bekannte „Hein“ Simmes zum Festkettenträger der Stadt Kevelaer gewählt. Sein Adjutant ist Leo Cleven. In diesem Jahr erhält die Peterei ein Maskottchen. Bei einem Gesangswettbewerb mit der St. Sebastianus Schützenbruderschaft gewinnen die Mitglieder der Peterei auf dem Heimatabend einen Esel. Nicht etwa aus Porzellan oder Kunststoff, nein einen richtigen, lebenden Esel. Diesen sah man auch Jahre später noch auf einer Wiese an der Südstraße genüsslich weiden.

1996 Bei Schweißarbeiten gerät das Abfertigungsgebäude des Düsseldorfer Flughafens in Brand – 17 Menschen sterben. Michael Schumacher wechselt von Benetton zu Ferrari und die Deutsche Telekom geht an die Börse. Festkettenträger war 1996 die Schützenlegende Hubert Simmes. Sein Adjutant war Gerd Zwiener. Die beiden sorgten während ihrer Regentschaft für ein turbulentes Schützenjahr. So sah man sie am Kirmesmontag z.B. nicht etwa wie es üblich ist in einer Kutsche sitzen. Nein, die beiden saßen auf dem Rücken der eingespannten Pferde, so dass im Anschluss natürlich erst einmal wieder ein Hosenwechsel fällig war. Oder wer hat es nicht mehr vor Augen, wie Hubert mit seinen überdimensionalen Topfdeckeln die Musikband im Festzelt begleitet. Weiterhin wurde der „Husi“ erfunden, der mittlerweile wohl allen Kevelaerer Wirten bekannt sein dürfte.

2007 Die Mehrwertsteuer in Deutschland steigt von 16 auf 19 Prozent an, Henry Maske gewinnt nach einer Pause von über zehn Jahren in München seinen Revanche-Boxkampf gegen Virgil Hill und der Orkan Kyrill fegt über weite Teile Deutschlands, darunter auch Kevelaer, hinweg. Festkettenträger im Jubeljahr „100 Jahre Peterei“ war der heutige „Alterspräsident“ Karl Delbeck. Adjutant wurde sein langjähriger Freund Bernd Tenhagen. In diesem Jahr wurde in dem Petrushäuschen an der Gelderner Straße eine neue Petrusfigur eingesetzt. Das hat Petrus wohl so sehr beeindruckt, dass die Peterei in ihrem Festjahr bei öffentlichen Auftritten immer hervorragendes Wetter hatte. Die Frauen der Petrusschützen übergaben dem Verein am Patronatsfest eine „Ausgehkette“, die der König bei entsprechenden Festivitäten anstatt der schweren Königskette tragen kann.

2017 Donald Trump wird als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt, der Deutsche Bundestag beschließt die „Ehe für alle“ und Kevelaer feiert 375 Jahre Wallfahrt. Die Peterei wählt ihren Festkättenträger für das Festjahr 2018:

  1. Januar 2018 Heinrich van Bühren wird am Heimatabend der Geselligen Vereine Kevelaers zum neuen Festkettenträger proklamiert. Sein Adjutant ist sein langjähriger Freund, Werner van Gisteren. 

 

 

Text: Bernd Spolders & Michael Jansen

Seit 1914 stellte die Petrus Schützengilde bereits acht Festkettenträger.

 

1914: Jean Wallendorf

1932: Peter van de Kamp

1957: Matthias Simmes

1974: Hans Wehren

1982: Heinrich Simmes

1996: Hubert Simmes, Adjutant Gerd Zwiener

2007: Karl Delbeck, Adjutant Bernd Tenhagen

2018: Heinrich van Bühren, Adjutant Werner van Gisteren

Festkettenträger im Jahr 2018

Heinrich van Bühren und sein Adjutant Werner van Gisteren

Die „Liebe“ zur St. Petrus Schützen-Gilde Kevelaer 1907 e.V. teilt Heinrich van Bühren, Kevelaers Festkettenträger 2018 und Präsident der Gilde, mit seinem langjährigen Freund und Adjutanten Werner van Gisteren. Auf dem Heimatabend der Geselligen Vereine Kevelaer am Samstag, 20. Januar, wurde van Bühren zum Festkettenträger proklamiert. Dabei stellte er seinen Freund Werner als seinen Adjutanten vor. Der bekleidet im Vorstand der „Peterei“ das Amt des Schriftführers.

 

Ein halbes Jahrhundert lang kennen sich die beiden.

„Seit wir im Alter von zehn Jahren in das Kardinal-von-Galen-Gymnasium (KvGG) aufgenommen wurden“, berichten sie. Solange währt auch ihre Freundschaft. Trennte sich ihr schulischer Weg auch später, ihre Verbindung blieb bestehen. Werner van Gisteren besuchte die Höhere Handelsschule, absolvierte im öffentlichen Dienst eine Ausbildung und erreichte dabei den Titel „Diplom-Verwaltungswirt“. Heinrich van Bühren machte am KvGG sein Abitur und leistete danach seinen Grundwehrdienst. Weil er nach eigenen Angaben gerne mit Menschen zu tun hat, ließ er sich zum Versicherungskaufmann ausbilden. In seiner Agentur in Weeze-Wemb berät er Kunden in allen Versicherungsfragen. Die Freundschaft von Festkettenträger und Adjutant bezieht auch die jeweiligen Familien mit ein. Gemeinsame Urlaubsreisen zum Wintersport sowie Radtouren in Österreich gehören dazu. Gemeinsame Sache haben van Bühren und van Gisteren auch bei der Zahl ihrer Kinder und Enkelkinder gemacht. „Jeder von uns hat einen Sohn und eine Tochter sowie zwei Enkelkinder.“

 

Getrennte Wege gehen sie bei der Ausübung ihrer Hobbys.

Der Festkettenträger – ein Fan des FC Schalke 04 – kegelt und spielt gerne Skat. Sein Adjutant spielt in der Band „German Lowland Pipes & Drums“ den Dudelsack. „Dieses Instrument hat mich schon immer fasziniert.“ Als vor langen Jahren eine Gruppe Dudelsackspieler im Kevelaerer Karnevalszug mitlief, war er begeistert und kam mit einem Mitglied in Kontakt. „Derjenige war auf dem Militärflughafen Laarbruch stationiert. Er erklärte sich bereit, mir Unterricht zu erteilen“, erinnert sich van Gisteren. Dudelsackspielen sei schwerer als gedacht. „Man muss beim Spielen viel koordinieren können.“ Anfänger übten darum zuerst auf einer Flöte, bevor sie auf den Dudelsack umsteigen dürften. Viele würden diese Phase nicht durchstehen, so van Gisteren. Nach Abzug der Briten aus Weeze im Jahr 1994 gründete er mit anderen ehemaligen Dudelsackspielern eine eigene Band, die späteren „German Lowland Pipes & Drums“. Sie treten zu privaten Anlässen und bei öffentlichen – so Stadtfesten auf – und spielen alle Stücke auswendig.

In „ihrem Jahr“ wird Festkettenträger und Adjutant weniger Zeit zur Ausübung ihrer Hobbys bleiben. Das nehmen sie gerne in Kauf, erwartet sie doch eine unvergessliche Erfahrung. Heinrich van Bühren erinnert sich gerne an die Zeit, als sein eigener Vater 1977 für den Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Kevelaer die Festkette trug. Daher sind ihm die Abläufe vertraut.

 

Wir haben eine gute Gemeinschaft in der Peterei.

“Die Mitglieder (aktuell sind es 45) stehen alle hinter uns. Es wird ein Vereins- und Familienfest.“ Das zeige sich auch an der Zusammensetzung der Wache des Festkettenträgers. „Ihr gehören einige meiner Familienmitglieder an“, so van Bühren. In ihrem Festjahr wollen die Würdenträger dazu beitragen, dass „Ansprüche wieder zurückgeschraubt werden“. Das Festjahr soll auf normalem Level laufen. „Die Geselligkeit steht im Vordergrund“, bekräftigen beide. Deshalb gehen sie „bei den Veranstaltungen auch nicht als erste nach Hause.“

Kerstin Kahrl – Niederrhein Nachrichten